06/07. 2020
Gaby Bergmann
Sommersalon
5. Tafel Paint it, black
Paint it, black! Die Ikone der puren Potentialität ist Kasimir Malewitschs „Schwarzes Quadrat auf weißem Grund“ (1915). Das Schwarz dieses Quadrats ist nicht Nichts, sondern Alles. Ein Echo des Malewitsch-Schwarz dringt auch aus den kleinen Tafel-Bildern Gaby Bergmanns.
6. Tafel Selektives Sehen
Gaby Bergmanns Kunst ist angewandte Wahrnehmungstheorie. Sie geht vom Einzelnen – dem Zeichen – zum System, zum Ganzen. Wie nehmen wir die Welt wahr? Selektiv, in Ausschnitten, Momenterfahrungen. Das Bild ist immer größer als das wahrnehmende Auge. Selektives Sehen ist Verunsicherung. Selektives Sehen ist Trost – die subjektive Wahrnehmung ist eingebunden in ein Außen. In ein Werk und eine Welt, die größer sind als wir Betrachter*innen. Und die uns einen Rahmen geben.
„Wie kann ich all die Welten aufzählen, zu denen mir das Auge Zugang gewährt? – Die Welt des Lichts, der Farben, der Formen, der Schatten; der mathematischen Präzision in der Schneeflocke, der Eisformation, im Quarzkristall, in den Mustern von Staub- und Blütenblatt; des Rhythmus der Wölbungen und abfallenden Linien in den Bergprofilen. Warum ein paar in brutale und gequälte Formen gehackte Steinblöcke so zutiefst beruhigend auf den Geist wirken, kann ich nicht sagen. Vielleicht zwingt das Auge dem, was nicht mehr als ein Durcheinander ist, seine eigene Ordnung auf.“
Nan Shepherd, Der lebende Berg (1977)
7. Tafel Gesicht
Das Gesicht ist das Anti-Element. Es ist nicht austauschbar.
8. Tafel Botschaften
Alphabetzeichen, Ziffern, Punktmuster. Wir können die Botschaft sehen, aber nicht verstehen. Kommunikation ist auf einmal nur noch Kunst.
9. Tafel Wie kommt der Berg ins Bild
B.E.R.G. Der Berg ist das Anti-System. Er ist unverhandelbare Existenz. Er steht im Namen.
Sie nahm den Silberstift
Und hieß ihn hingehen über die weiße matt glänzende Fläche:
Ihr Land. Er zog
Und schuf die Berge.
Kahle Berge, nackte kantig steinerne Gipfelstirnen, über Öde sinnend;
So hing das Bild vor dem schwarzen Grunde, und
Menschen sahen es an.
Gertrud Kolmar, „Zueignung“, Welten (erschienen 1947)
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